DEATHTALE - Whole World Burns
Frauchen kommt
nach Hause. Sperrt die Tür zum Redaktionsloft auf. Macht die Tür
auf. Und wird um Haaresbreite umgeworfen, als ihr Schoßhündchen
wie vom Teufel geritten zwischen ihren Beinen durchfetzt und
hinter ihm auch noch zwei Redakteure panisch das Weite suchen.
„Was ist denn
hier los?“ fragt sie sich und betritt eine Zone des Schreckens.
Nein, es ist nicht die entsetzliche Lautstärke, die durch das
Loft röhrt und nur mehr Thrash-Riffs, Thrash-Drums und irgendein
Death-Metal Geröhre erahnen lässt, die sie überrascht. Es ist
das optische Aussehen des Lofts. Alles voll mit weißem Zeugs.
Nein, keine Schneeflocken, wir haben ja fast Sommertemperaturen.
Aber so weißes Zeugs, das an zerfetzte Taschentücher erinnert.
Kiloweise. Und an zerstörte Federkissen. Und zerrissene
Daunendecken. „Du liebe Güte!“ Sie ahnt Furchtbares, als sie
sich ihren Weg durch das wirbelnde und am Boden liegende Weiß
sucht. Plötzlich ein dunkler Schatten vor ihr. Dazu
ohrenbetäubendes Gejaule und Gekreische, das nicht zu dieser
Band gehört.
Mistress
Anthalerero kämpft sich zum Tisch durch, schnappt die
Fernbedienung und – AUS.
Langsam senken
sich die Taschentücher-Fuzzeln und Federn und inmitten des
Unfugs steht Cat, erstarrt wie zur Salzsäule und blickt sie mit
geweiteten Augen an. Das Fell steht in allen Richtungen von
ihrem Körper ab und Reste eines Polsters hängen von ihren
spitzen Zähnchen. Die Ohren zucken nervös hin und her, und die
Pfoten hat sie tief im flauschigen, weißen Innenleben des
Stoffes vergraben.
„Welcher von
den lieben Kollegen war denn bitte so wahnsinnig und hat unserem
Schmusekätzchen eine Death-/Thrash CD reingeknallt? Hä?
Antwortet oder ich werde es aus euch rauspeitschen!“
Keine Antwort.
Keiner da. Nur große, unschuldige Katzenaugen, die sie fragend
anblicken.
Frauchen geht
in die Knie und nimmt ihr Kätzchen mit zur Couch. „Komm mal her,
Kleine. Du bist ja ganz verkrampft und verspannt. So etwas.“ Sie
krault Cat zwischen den Ohren und am Rücken und langsam, langsam
sackt das Tierchen zusammen und wird wieder so, wie es vor Tagen
war, als es sich friedlich HARDREAMS reingezogen hat. „Mal
schauen, was dich so zum Auszucken gebracht hat.“ Anthalerero
greift zur am Tisch liegenden CD. DEATHTALE. Aha.
Death-/Thrash-Metal aus Österreich. „Ach Mäuschen, das sind doch
Einheimische, deswegen brauchst du dich doch nicht soooo
aufzuregen.“ Kraul, kraul. „Das ist die Band von Tom Kräutner,
der mal bei DEMOLITION war. Die sind doch gar nicht so schlecht.
Die sind doch sehr melodisch für eine Death-/Thrash-Band. Und
die können sogar singen und nicht nur röhren und grölen.“
Kätzchen zieht
den Schwanz unter den Körper und klappt die Ohren an. „Och
Mietzchen. Jetzt hast sicher Alpträume von den wilden Songs.
Weißt du was, wir hören uns jetzt die sanfteren Sachen an und
dann wirst du sehen, dass die gar nicht so schlimm sind.“
Die bluesigen,
ruhigen, harmonischen Töne von „Silent Eulogy“ schweben durchs
Loft. Kätzchen fängt zu schnurren an. „Siehst du, die haben
sogar Lounge-Musik drauf. Das gefällt dir doch.“
Ein
zustimmendes Maunz.
„Jetzt
probieren wir etwas Flotteres, aber auch mit Melodie und schönem
Gesang.“ Hörproben von „Everything Changes“ und „Before Blood
Flows“ folgen. Der Stubentiger auf Frauchens Schoß wird zwar
unruhiger, aber akzeptiert die komplexen Riffs und
Gitarrenattacken sowie den Sing-Growling-Mix ohne große
Probleme.
„Die ganz wilden Sachen lassen wir
aus, okay Mietzelein?“ Anthalerero überspringt die ersten Songs
ihrem Kätzchen zuliebe. Sie selbst hätte eigentlich nichts gegen
die thrashigen Teile mit den Death-Vocals gehabt, weil DEATHTALE
es hier recht gut verstehen, eine schöne Harmonie zwischen
Wildheit und Melodie herzustellen, beziehungsweise zwischen
Growling, Screams und Gesang. Sie beschließt jedoch, sich „The
Fallen“, „Flesh For Sale“ oder „From Hell“ alleine und zu
späterer Stunde anzuhören, wenn das Getier im Bett ist.
Wahnwitzige Gitarrensoli wie bei „Whole World Burns“ sind
nämlich weder was für die Gehörgänge ihres Terriers noch für
fellige Katzenohren, aber zwei oder drei Kollegen würde das
sicher gefallen.
„Das ist das
letzte Stück, das ich dir antue: „Death Machine“. Hör dir mal
den gut gelungenen Wechsel zwischen Growling und tiefem Gesang
an. Oder die langsamen melodischen Rhythmen, die mit harten,
schnellen Riffs wechseln. Das klingt doch gut, oder nicht?“
Naja. Cat ist
nicht so begeistert und fängt an, an Frauchens Hose rum zu
beißen und ihre Krallen hineinzuschlagen. Das Vorstadium des
aggressiven Zerfetzens beginnt also wieder. Ihre Hose will die
Chefin jedoch nicht riskieren, also spielt sie schnell vor zum
soften Ende des Songs, wo die Gitarrentöne so friedlich sind,
dass sie sogar auf ein Kuschelrock-Album passen. Und dazu wird
der Bauch des Katzentieres gekrault.
Schnurrr. Schnurrrrrrrrr,
Schnurrrrrrrrrrrrrrrr.
Moral von der
Geschichte:
DEATHTALE aus Österreich haben ihr
zweites Album veröffentlicht und machen erneut die Welt
unsicher. Sie mischen Thrash- mit Death-Elementen und das
teilweise auf eine sehr melodiöse Weise. Die Instrumente sind
bei der überwiegenden Anzahl der Songs sehr harmonisch, die
Vocals fast bei allen äußerst interessant, da abwechselnd
richtig schöner Gesang, Growling und Screams kombiniert werden.
Dazu eine erstklassige Solo-Gitarre mit wahren Kunststückerln
bei den Läufen und natürlich eine beinhart fetzende und doch
immer schön im melodischen Bereich bleibende Rhythmus-Gitarre.
Das Schlagwerk ist klassisch hart, wie man es bei diesen
Richtungen erwartet, und der Bass größtenteils wummernd, fett
und reinhauend, dass einem die Luft wegbleibt.
Überraschungen
haben die Jungs aber auch drauf (so wie oben Mistress
Anthalerero schon festgestellt hat). Das Akustik-Stück „Silent
Eulogy“ würde man ihnen nie und nimmer zutrauen. Viel eher denkt
man bei diesem Song an ruhige Lounge–Musik, die in jedem Lokal
eine gute Figur macht.
Nicht zu
verachten auch die deutsche Version von „From Hell“. Sie
erinnert an so manche deutschsprachige SODOM-Nummer, die in der
Muttersprache auch immer so richtig gut gekommen sind.
Bewertung: 3.5
/ 5.0
Autor: Lady Cat (05.04.2016)